Sabine, Sabine, Sabine

Mit dem Namen „Sabine“ haben wir in diesem Monat vor allem eins verbunden: das gleichnamige Sturmtief, das über Deutschland hinwegfegte und besonders am 9. und 10. Februar vielerorts verheerende Spuren hinterließ. Ich erlebte die chaotischen Folgen des Wetters bei einer Zugfahrt quer durch Deutschland. Außerdem wurde mir bei einer Wanderung im Harz noch einmal das großflächige Waldsterben, besonders der Fichtenwälder bewusst. Darüber und woher die Veränderungen kommen, möchte ich dir in meinem Kultding des Monats Februar berichten.

Typisches Bild im Harz: Umgestürzte Bäume auf Wanderwegen im Wald, nachdem das Sturmtief Sabine durchgezogen ist.

Bahnfahrt nach dem Sturmtief: Wegen Überfüllung geschlossen

Zug fahren in Deutschland ist immer ein gewisses Abenteuer. Man steigt ein und weiß nie, was passiert und wann man ankommt. Das traf insbesondere am Sturmwochenende Anfang Februar zu. Ich finde, die Bahn hat alles richtig gemacht, als sie ab Sonntagmorgen (09.02.) in den von „Sabine“ betroffenen Gebieten und den Fernverkehrsstrecken die Züge im Bahnhof ließ. Als ich am Montag gegen Mittag in den Regional Express von Braunschweig nach Hannover einzusteigen, rechnete ich zwar noch mit Verspätungen, dachte aber, das Schlimmste sei vorbei. Falsch gedacht. Bereits in Hannover fuhr der aus Berlin kommende ICE mit fast einstündiger Verspätung ein. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch entspannt. Leider endete die Fahrt in Hamm, wo der zweiteilige ICE normalerweise getrennt wird (ein Teil fährt durchs Ruhrgebiet bis Düsseldorf, der andere durch das Bergische Land nach Köln), wegen „technischer Störung am Zug“. Also alle raus, zum anderen Gleis, wo wir auf den Folge-ICE warten sollten, der erwartungsgemäß schon ziemlich voll war. Als er einfuhr, konnte ich auf dem überfüllten Bahngleis nicht erkennen, welcher Zugteil nach Düsseldorf und welcher nach Köln fuhr. Ich stieg natürlich ausgerechnet in den falschen ein. Also wieder raus und schnell zum hinteren Teil des ICE gerannt. Mein Pech, denn dort hatten sich die letzten Passagiere durch die geöffneten Türen gequetscht, um irgendwie noch rein zukommen.

Am Bahnhof in Hamm ging am 10. Februar nichts mehr. Sturmtief Sabine setzte den Nah- und Fernverkehr außer Gefecht.

Von wegen Solidarität: Keiner gibt nach

Die Krux an der Sache: Der Zug fuhr wegen Übergewicht nicht los. Es wollte aber auch trotz mehrfacher Durchsagen und Bitten durch das Bahnpersonal keiner aussteigen. Mir konnte es egal sein, ich kam sowieso nicht mehr hinein. Was ich aber beobachten musste, machte mich fassungslos. Sobald sich jemand erbarmte auszusteigen, wurde er/sie mit johlendem Applaus begleitet. Wie asozial kann man bitteschön sein?

Beim dritten Anlauf bekam ich endlich auch einen Platz im ICE, der – wen wundert´s – nicht mehr abgekoppelt werden konnte (es fehlte der 2. Lokführer) und komplett nach Düsseldorf fuhr, von wo aus ich nach erneutem Umsteigen mit 4,5 Stunden Verspätung abends irgendwann in Bonn ankam.

Wetterphänomen Sabine und was dahinter steckt

Orkanböen, Verkehrschaos, umgefallene Bäume, verletzte Personen und Sachschäden, das alles richtete das Sturmtief namens „Sabine“ in Deutschland an. Schon Tage vorher in sämtlichen Medien und Wetterportalen angekündigt, fing es bereits in der Nacht von Samstag auf Sonntag (08./09.02.) an, sich mächtig aufzublähen und fegte dann mit aller Wucht ab Sonntagmorgen über Nord- und Westdeutschland. Bis zum Dienstag (11.02.) zog es mit Windgeschwindigkeiten zwischen 120 und 160 km/h nach Süden weiter, um dort ihr Unwesen zu treiben.

Kleine Sturm-Wetterkunde

„Sabine“ ist eine besonders extreme Auswirkung einer aktuell typischen Wetterlage, den sogenannten Jetstream, der sich nach kurzer Beruhigung schon zwei Tage später erneut auflud und für Sturmgefahr („Victoria“) in Deutschland sorgte.

Meteorologen sehen Parallelen zum Sturmtief „Xaver“ 2013. Sowohl Xaver als auch Sabine entstanden südlich von Grönland über dem Nordatlantik, wo sich ein starker Jetstream ausgebildet hat. Das ist ein Windband in der Tropopause, der wichtigsten Grenzfläche zwischen der Erdatmosphäre in 6 bis 18 km Höhe. Dort herrschten laut Wetterexperten zum Zeitpunkt der Entstehung bereits Windgeschwindigkeiten von 400 km/h. Der Jetstream trieb den heftigen Sturm regelrecht katapultartig nach Deutschland. Verschärft wurde die Situation noch durch den Polarwirbel. Daraus bildete sich das enorme Sturmtief Sabine, das auf Deutschland traf.

Wie beeinflusst der Klimawandel den Jetstream?

Mit dieser Frage setzte sich das Helmholtz-Institut auseinander. In diesem lesenswerten Artikel wird der Klimawandel durchaus mit der Wetterentwicklung bei uns in Verbindung gebracht. Die Autoren Jana Kandarr und Dr. Ralf Jaiser erklären das so:

„Die Arktis erwärmt sich schneller als der Rest der Welt. Damit verringert sich der Temperaturunterschied zwischen Äquator, gemäßigten Breiten auf der einen und Arktis auf der anderen Seite. Dieser Unterschied treibt jedoch das starke Westwindband der Nordhalbkugel an und bestimmt dessen Bahnen und Stärke mit. Der sogenannte Polar-Front-Jetstream hat große Bedeutung für unser Wetter in Deutschland.“

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass bei fortschreitendem Abschmelzen der Eisdecke die bislang beobachteten Extremwetterereignisse in den mittleren Breiten häufiger und intensiver auftreten. Prof. Dr. Markus Rex, Leiter der Atmosphärenforschung des Alfred-Wegener-Instituts für Polarforschung, erklärt außerdem:

„Unsere Ergebnisse untermauern zudem, dass die häufiger auftretenden winterlichen Kaltphasen in den USA, Europa und Asien der Klimaerwärmung nicht widersprechen, sondern vielmehr Teil des menschengemachten Klimawandels sind.“

Waldsterben in Deutschland: Panikmache oder ganz natürliche Entwicklung?

Wenn ich die wissenschaftlichen Ausführungen über Wetterextreme lese, frage ich mich, ob auch ein anderes Phänomen, das ich seit geraumer Zeit beobachte, damit zu tun hat? Das große Waldsterben. Um genauer zu sein, sind es vor allem die monokulturell angepflanzten Fichtenwälder, zum Beispiel im Harz, aber auch die Buchenwälder im Spessart, die riesige Flächen abgestorbener Bäume aufweisen. So verkündete die Sprecherin im „heute journal“ diese Woche, dass die Waldschäden in Deutschland größer sind als angenommen. Durch Trockenheit, Stürme und Käferbefall sind 245.000 Hektar Wald betroffen. Vor allem Thüringen, Hessen, Sachsen-Anhalt und NRW sind betroffen.

Wie Streichhölzer sehen die abgestorbenen Fichten in den deutschen Wäldern aus.

Nationalpark Harz: Natur ihren Lauf lassen

Es war ziemlich erschreckend als in Anfang des Monats im Nationalpark Harz wandern war. Schon im letzten Sommer sah man dem „Streichhölzer-Wald“ an, dass ihm die häufige Trockenzeit der letzten Jahrzehnte (besonders 2003 und 2006 sowie in den letzten 5 Jahren immer wieder) ziemlich zugesetzt hat. Zumal dadurch der Borkenkäfer ein leichtes Spiel hat und sich regelrecht durch die Bäume frisst. Jetzt, im Winter, sind die Schäden noch mal deutlicher sichtbar. Zusätzlich sorgen Stürme wie „Sabine“ dafür, dass die schwachen oder bereits toten Baumstämme zu hunderten umfallen und große Löcher in die Waldflächen reißen.

Die zuständigen Behörden können nur zusehen und der Natur ihren Lauf lassen. Den Wald einfach in Ruhe zu lassen und den Borkenkäfer als Teil des Ökosystems zu betrachten, halten einige als die passende Methode. Allerdings sagt Friedhart Knolle vom Nationalpark Harz aber auch:

„Der primäre Schaden wird ja gemacht durch die Erwärmung. Der Borkenkäfer reagiert dann darauf.“

Eine natürliche Reaktion also. Absterben, Remineralisierung, Humus, neues Leben mit widerstandsfähigeren Baumarten. Das kann allerdings dauern und ist für den Tourismus nicht unbedingt förderlich. Zu diesem Beispiel im ZDF Länderspiegel findest du den ausführlichen Bericht zum Waldsterben.

Was denkst du über die extremen Wetterphänomene und die abgestorbenen Wälder in Deutschland?

Panikmache oder berechtigte Sorge? Schreibe einen Kommentar und berichte auch gerne über eigene Erfahrungen rund um Wald und Wetter.

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Fotos © Simone Blaschke