Willkommen im dritten Jahr meiner Serie „Kultding des Monats“. Obwohl wir alle aktuell wenig bis gar nicht unterwegs sein dürfen, geschweige denn Kulturveranstaltungen besuchen oder ins Ausland reisen können, nehme ich kleine Ausflüge in die Natur zum Anlass, dir auch weiterhin besondere Orte oder Erlebnisse vorzustellen.

In diesem Monat ist es die Burg Satzvey am Rande der Eifel in Mechernich, Kreis Euskirchen (NRW).

Sehenswürdigkeit in der Eifel: Mittelalterliche Wasserburg Satzvey

Als Anfang Januar der erste Schnee die deutschen Mittelgebirge in ein zartes Weiß einhüllte, war neben Harz, Sauerland und Schwarzwald auch die Eifel ein beliebtes Ziel für Winterwanderungen. In vielen Gegenden war so ein großer Ansturm, dass die Polizei eingreifen musste, weil Corona-Regeln nicht eingehalten wurden. Dabei gibt es in den meisten Regionen nur wenige Kilometer weiter ruhigere Gebiete zum Wandern oder Spazierengehen. Zum Beispiel am Rand der Eifel in Mechernich die sogenannte Eifelschleife.

Dort liegt auch die mittelalterliche Wasserburg Burg Satzvey, die ich mir am Ende unserer 2-stündigen Rundwanderung von außen angeschaut habe. Denn Führungen durch die Gebäude sind im Moment nicht möglich.

Durch den Torbogen gelangt man ins Innere der Burganlage.

Burgbesichtigung von außen möglich

Schon der Anblick der Burg lässt erahnen, wie es hier im Mittelalter einmal zuging. Wenn du über die kleine Brücke über den Weiher durch den großen Torbogen ins Innere der Burganlage kommst, bist du mittendrin, in der Welt der tapferen Ritter und mittelalterlichen Bräuche und Handwerkskunst. Obwohl der komplette Betrieb wegen des Lockdown zurzeit eingestellt ist und nur wenige Besucher herumliefen, reichte meine Vorstellungskraft aus, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie unterhaltsam das Treiben hier ohne Corona wäre.

Vom Ursprung im 12. Jahrhundert bis ca. 1880 blieb die Burg nahezu unverändert. Später wurde sie im spätromanischen Stil des damaligen rheinischen Adels ausgebaut. Der älteste Teil ist das ursprünglich ganz freistehende Burghaus aus Bruchstein. Es blieb trotz des späteren Umbaus bemerkenswert schön erhalten.

Im Burghaus stehen normalerweise wunderschöne historische Räume z. B. für Hochzeiten oder Firmenfeiern zur Verfügung.

Besterhaltene Wasserburg im Rheinland

Heute gilt Burg Satzvey als die in ihrer originalen Bausubstanz besterhaltene Wasserburg des Rheinlands. Fachleute nennen die Burg ein Kleinod des rheinischen Burgenbaus und Denkmal adliger Kultur und Lebensform (Quelle: Wikipedia).

Das ursprüngliche Burghaus, das doppeltürmige Torhaus, die Nordmauer und der Nordturm sind die ältesten Bauteile. Sie haben 600 Jahre überdauert und mit den Baumaßnahmen des späten 19. Jahrhunderts präsentieren sie sich als typische deutsche Wasserburg, wie sie im 14. und 15. Jahrhundert vom sogenannten Ministerialadel im Flachland errichtet wurde. Während der Hochadel seine Burgen auf schwer angreifbaren Bergen baute, setzte der „Beamten-Adel“ schwer zu überwindende Wassergräben gegen Angreifer ein. Deshalb wurden Wasserburgen oft auf zwei Inseln gebaut und lagen fast immer in der Nähe eines Baches, der die Gräben mit Wasser versorgte. In Fall von Burg Satzvey ist das der Veybach. Die Hauptburg wurde dadurch zusätzlich durch die Vorburg auf der zweiten Insel geschützt.

Das beeindruckende Torgebäude von Burg Satzvey galt allerdings eher als Herrschaftssymbol und weniger der Verteidigung. Heute ist Burg vor allem durch die hier (normalerweise) jährlich stattfindenden Ritterspiele bundesweit bekannt.

Auf diesem Platz findet u. a. die Ritter-Show statt. Im hinteren Gebäude sind die Stallungen für die Pferde.

Legendäre Ritterspiele auf Burg Satzvey

Die Ritterfestspiele auf der Burg Satzvey sind legendär. Jedes Jahr findet das mittelalterliche Treiben an Pfingsten auf dem 4,5 Hektar großen Burggelände statt, und das schon seit mehr als 40 Jahren. Das mehrtägige Event bietet mittelalterliches Markttreiben mit gut siebzig Händler aus verschiedensten Zünften, Märchenerzähler, Spielleute und Gaukler, große Ritterlager und stolze Ritter auf ihren Schlachtrössern. Die spektakuläre Ritter-Show bildet jedes Jahr den Höhepunkt der Spiele. Schau dir dieses Spektakel auf YouTube an und du verstehst, warum die Ritterspiele „Kult“ sind.

Gastronomie, besondere Läden, wie hier die Senfmühle, und ein Hotel befinden sich auf dem Gelände von Burg Satzvey in Mechernich.

Burg Satzvey wegen Corona vor dem Aus

Die Corona Pandemie hat viele Branchen an den Rand der wirtschaftlichen Existenz gebracht. Vor allem das Hotellerie- und Gaststättengewerbe, der Tourismus und die Veranstaltungsbranche leiden zunehmend unter den finanziellen Einbrüchen und fehlenden Einnahmen.

Burg Satzvey ist eins von vielen Beispielen aus der Kulturszene. Die Burgbetreiber finanzieren sich schon lange nicht mehr durch Land- und Forstwirtschaft, sondern als Location für Märkte, Seminare, Hochzeiten oder Firmenfeiern. Und die dürfen derzeit nicht stattfinden. Auch der gastronomische Service und die speziellen Läden auf dem Gelände, darunter die Senfmühle, das Schnitzelhäuschen und die Burgbäckerei sind momentan dicht. Hinzu kam, dass die Bäckerei im ersten Lockdown im April 2020 niederbrannte.

In einem eindringlichen Video erklären die Betreiberin und ihre Mitarbeiter:innen ihre Situation und bitten um Spenden!

Öffnungszeiten und Eintritt

  • Ganzjährig geöffnet, auch an Feiertagen. Führungen samstags, sonntags und feiertags von 12:00 – 17:00 Uhr zu jeder vollen Stunde mit mindestens fünf Erwachsenen oder nach Voranmeldung (Dauer ca. 45 Min.).
  • Außerhalb von Veranstaltungen sind die Höfe der Burg mit den Restaurants ganzjährig bei freiem Eintritt für Besucher geöffnet.
  • Burgführung:  5,- € für Erwachsene, 2,- € für Kinder von 4 bis 12 Jahren, unter 4 Jahren ist der Eintritt frei.
  • Einzelführungen und Führungen für Gruppen unter 5 Personen kosten 25,- €.

KULT-Wissen: Historie der Burg Satzvey

  • Burg Satzvey gehörte seit dem 12. Jh. zum umfangreichen Güterbesitz des Bonner Benediktinerinnenstiftes Dietkirchen. Satzvey war seit dem 12. Jh. Vogtei und Lehen des Erzbischofs von Köln. Erster namentlich genannter Vogt war Otto von Vey. „Vey“ ist die älteste Bezeichnung des Ortes.
  • Die erste urkundliche Erwähnung von Satzvey stammt aus dem Jahre 1368. Ein gewisser Heinrich von Krauthausen errichtete zwischen 1396 und 1406 die Burg Satzvey auf einer Insel in der Mitte eines großen Weihers.
  • 1574 wurde Friedrich Wilhelm von Büllesheim Lehensherr auf Burg Satzvey. 1737 verkaufte die Familie von Büllesheim die Burg für 39.000 Reichstaler an die Familie derer von und zu Gymnich.
  • Als das Geschlecht der Gymnichs 1825 ausstarb, erbte der Patensohn Max Felix Reichsgraf Wolff Metternich zur Gracht die Gymnicher Besitzungen und damit auch Burg Satzvey. Sein Sohn Dietrich erweiterte die Burg stilvoll zur ihrem heutigen Aussehen.
  • 1944 ging die Burg an die Familie des heutigen Besitzers, Franz Josef Graf Beissel von Gymnich jun., der seit 1981 durch Ritterspiele und andere historische Veranstaltungen Burg Satzvey über die Landesgrenzen hinaus bekannt gemacht hat.
  • Bis heute befindet sich die Wasserburg im Besitz der Grafen Beissel, genauer gesagt von Patricia Gräfin Beissel, die die Anlage inzwischen als GmbH bewirtschaftet.

Welche kulturhistorische Sehenswürdigkeit ist in deiner Nähe von der Corona-Krise betroffen und auf Spenden angewiesen? Ich freue mich auf deinen Kommentar!

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Kultding des Monats #Januar 2021

Fotos © Simone Blaschke