Mein Kultding des Monats hat mich im Juni nach Stommeln geführt. Where the hell is Stommeln und was willst du da? Hier ist die Antwort.

Wir sind Ackerheldinnen in Stommeln

Samstagmittag im Juni, fast 30 Gard Celcius, schwüle Luft, leicht bewölkt und wir brechen auf, von Köln ins 25 Kilometer entfernte Stommeln bei Pulheim. Was wir da wollen? Meine Freundin Sabine hat dort ein 40 Quadratmeter großes Stück Acker gemietet. Seit Anfang Mai verbringt sie dort jede Woche ein paar Stunden, um ihre Beete zu beackern. Und ich komme an diesem Samstag mit, um ihr zu helfen und zu erfahren, warum so viele Städter Lust auf „Urban Gardening“ haben.

Urban Gardening macht die Städte grüner

Eigentlich trifft der Begriff Urban Gardening in diesem Fall nicht so ganz zu. Denn damit ist eher gemeint, dass mitten in der Stadt brachliegende Flächen, Kübel oder das Flachdach eines Hochhauses bepflanzt werden. Doch was Sabine in Stommeln gefunden hat, geht in eine ähnliche Richtung. „Meine Hauptmotivation ist, dass ich gerne regelmäßig in der Natur sein möchte. Ich genieße den direkten Kontakt mit dem Ackerboden. Es ist toll, die Erde zu riechen, mit den Fingern darin zu wühlen und zu sehen wie aus einem kleinen Saatkorn ein riesiger Salatkopf wächst. Oder auch zum ersten Mal eigene Kartoffeln zu ernten.“ Wie gut, dass sie die Ackerhelden entdeckt hat, die ihr zu diesem kleinen Stück „Garten“ verholfen haben.

Ackerhelden in ganz Deutschland

Während wir Kartoffelkäfer mit der bloßen Hand (die im Gartenhandschuh steckt) von den Kartoffelpflanzen entfernen, erklärt mir Sabine das Prinzip der „Ackerhelden“. Als sie letztes Jahr online nach einem Stück Garten suchte, ist sie auf deren Seite aufmerksam geworden. Zwei Jungs aus dem Ruhrpott, Birger und Tobias gründeten 2012 die Ackerhelden, um „die Menschen regional und emotional wieder näher an das heran zu bringen, was sie täglich essen.“ (Zitat Homepage). Sie bieten biozertifizierte, vorbepflanzte Ackerstücke zum Mieten an, auf denen Hobby-GärternerInnen zwischen Mitte Mai und Ende November Biogemüse beackern, ernten und neu säen können. Jetzt wird mir klar, warum wir die Kartoffelkäfer in mühsamer Handarbeit und nicht großflächig mit der chemischen Keule entfernen.

Ernten und essen, was man selbst gepflanzt hat

Ackerheldin Sabine ihrer Ernte.

Nach dem Unkraut jäten sind wir beide an diesem schwül-heißen Nachmittag ganz schön geschafft, interessanterweise gepaart mit einer angenehmen Zufriedenheit. Trotzdem ich mich die ganze Zeit bücken muss, andauernd in stachelige Disteln greife, die sogar durch den Handschuh pieksen, macht es mir wirklich Spaß, in der Erde zu wühlen. Sabine und ich erzählen, lachen und arbeiten hochmotiviert weiter, denn jetzt kommt der nettere Teil des Nachmittags: Neu säen und ernten. Das erste Prachtexemplar einer Zucchini haben wir bereits entdeckt. Lauch und Spinat können wir außerdem ernten. Sabine freut sich wie Bolle und ich gleich mit.

Zeit und Geduld

Meine Freundin verbringt etwa 3 bis 4 Stunden pro Woche auf ihrem Acker. „Anfangs muss man mehr Unkraut jäten“ sagt sie, „aber so langsam pendelt es sich ein, so dass der Aufwand geringer wird.“

Kopfsalat, Radicchio, Endiviensalat, Mangold, Spinat, Radieschen, Zwiebeln, Frühlingszwiebeln, Kohlrabi rot und grün, Kartoffeln, Zucchini, Kürbis, Bohnen, Tomaten, Karotten, Wirsing, Rosenkohl und dazwischen Ringelblumen werden von den Ackerhelden vorgepflanzt. Was daraus wird, hängt vom Mieter der Fläche ab.

Bio-Acker ist Kult

Das Grund-Prinzip bei dem Konzept der Ackerhelden ist die Zusammenarbeit mit zertifizierter ökologischer Landwirtschaft. In Stommeln hat ein Demeter-Bauer das Ackerland zur Verfügung gestellt und Sabine lernt viel über biologischen Landbau und wie man ohne Chemie einen Acker bewirtschaftet. „Da ich irgendwann einen eigenen Garten haben möchte, kann ich hier viel lernen, auch von den anderen Ackerhelden, denn wir tauschen uns vor Ort und online gegenseitig aus.

Passend angezogen, braucht Sabine nur ein paar Butterstullen und Trinkwasser mitbringen. Die Gerätschaften, Gießkannen und Regenwasserbehälter gibt es vor Ort. Das Unkraut kommt auf einen Komposthaufen.

By the way: Australier sind die fleißigsten Hobbygärtner

Wusstest du, dass 45 Prozent der Australier mindestens ein Mal pro Woche, viele sogar täglich im Garten oder auf dem Grundstück arbeiten? Das besagt jedenfalls eine Studie der GfK (Gesellschaft für Konsumforschung), wie ich kürzlich in der Apotheken-Umschau gelesen habe (ja, ich lese die „Rentner-Bravo“). Mit Abstand folgen die Chinesen und Mexikaner (36 bzw. 35 Prozent) und dann erst die Deutschen.

Du willst noch mehr über Sabine´s Erfahrungen mit dem Bio-Beet wissen oder brauchst Kontaktadressen? Dann schreib uns einfach einen Kommentar oder eine E-Mail an simone@kultreiseblog.de

Kultding des Monats #Juni 2018

Alle Fotos © Simone Blaschke