Vor wenigen Tagen bin ich von meiner Reise nach Südtirol zurückgekehrt und jetzt freue ich mich darauf, meine neue bayrische Lederhose zu tragen. Die Original „Krachlederne“ habe ich mir auf der Fahrt nach Südtirol beim Zwischenstopp am Tegernsee gekauft. Wie lange gibt es die Lederhosen eigentlich schon, woher kommt der Brauch und warum sind sie so beliebt? Darum dreht sich mein Kultding des Monats.
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Mit zünftiger Tracht auf die Wiesn
Es ist Oktoberfestzeit und in München treffen sich Millionen Besucher aus aller Welt auf der diesjährigen Wiesn. Doch nicht jeder mag den Trubel und das oft auf pures Besäufnis reduzierte bayrische Volksfest. Und überhaupt finde ich: Fesche Dirndl und knackige Lederhosen kann man mehr als ein Mal im Jahr tragen. Wer in den Bergregionen der Alpen wohnt oder Urlaub macht, weiß, dass die Bedienungen in Hotels, Restaurants oder auf den Bergalmen das ganze Jahr über Tracht tragen. Und das nicht nur, weil es fesch aussieht, sondern weil das zünftige Outfit dazu noch äußerst praktisch ist.
Lederhosen und Dirndl sind auch Arbeitskleidung
Gerade erst komme ich aus Südtirol zurück und bei meinen Wanderungen ist mir immer wieder aufgefallen, dass auch viele weibliche Bedienungen in den Südtiroler Schwaigen (so nennt man dort die Almhütten) traditionelle kurze Lederhosen tragen. Während ich die Mädels auf der Rauch-Hütte und der Tuff-Alm beobachtete, wurde mir schnell klar warum: Die Lederhosen sind unverwüstlich, dabei bequem und praktisch, und man kann die notwendigen Utensilien (Geldbeutel, Kartenlesegerät, Stifte) wunderbar daran befestigen. Als Arbeitskleidung ist die Hose aus strapazierfähigem Leder schon vor Jahrhunderten entdeckt worden (s. Wikipedia). Ende des 18. Jahrhunderts entwickelte sich aus der französischen Colette (Kniebundhose) mit dem Frontschlitz und der Frontklappe die praktische Arbeitshose aus Ziegen- oder Schafsleder für die Landbevölkerung. Vom Lodenstoff verdrängt gab es Ende des 19. Jahrhunderts allerdings kaum noch Lederhosen. Ein Lehrer aus Bayrischzell beklagte den Verlust dieser uralten Tradition und gründete mit seinen Stammtischfreunden am 25. August 1883 den ersten bayrischen Trachtenverein. Anfangs noch belächelt, die Klerikalen bezeichneten solche „Kurzhosenvereine“ sogar als sittenwidrig, wendete sich das Blatt schon bald. Nachdem besagter Lehrer einen Brief an den damaligen König Ludwig II. von Bayern schrieb, war der von der bayrischen Volkstracht so begeistert. dass er die Neugründung von Trachtenvereinen förderte. Der Rest ist Geschichte.
Lederhosen zu vielen Gelegenheiten tragbar
Inzwischen wird die zünftige Trachtenmode auch von den Preißn bzw. den Bewohnern nördlich der Weißwurstgrenze getragen (von den Bayern gerne auch Südschweden genannt). Selbst Australier und Japaner laufen auf dem Oktoberfest in Tracht auf. Wer etwas auf sich hält, kauft das Dirndl und die Lederhos’n aber nicht beim Discounter, sondern in einem „ordentlichen“ Trachtenmoden-Geschäft, wie es sie in Bayern, speziell in und um München zuhauf gibt. Mir ist auf dem Weg nach Südtirol der kleine Laden „d’Schickeria Tegernsee“ aufgefallen. Dort wurde ich fündig. Im Schlussverkauf kurz vor dem Oktoberfest erwarben mein Liebster und ich unsere erste original bayrische Lederhose. Was soll ich sagen? Die Dinger fühlen sich getragen grandios an. Gutes Gefühl auf der Haut, bequem und robust. Jaja, ich weiß schon, erst wenn sie ein paar Jährchen getragen sind, bekommen sie die echte Patina. Der Startschuss für mein Höschen fällt nächste Woche beim (privaten) Oktoberfest eines Freundes. Aber sicher wird sie auch beim Wandern zum Einsatz kommen.
Kurioses rund um die Lederhose
Passenderweise habe ich auf der Oktoberfest-Webseite witzige Anekdoten rund um die Lederhose gefunden. Hier ein Auszug.
Lederhosen-Filme
In den 1970er-Jahren kamen die legendären, pseudo-erotisch angehauchten Lederhosen-Filme in die Kinos, wie z. B. „Liebesgrüße aus der Lederhose“ oder „Beim Jodeln juckt die Lederhose“. Die Geschichten waren so banal wie die Titel: Potente Bayern, liebeshungrige Touristinnen, Bergpanorama, Heustadl und natürlich jede Menge Krachlederne.
Fahr doch mal nach Lederhose
„Lederhose“ heißt ein 300-Seelen-Ort in Thüringen, der auf seinem Wappen eine grüne Lederhose verewigt hat. Ob sich ein Ausflug nach Lederhose lohnt, kann ich nicht beurteilen. Warst du schon mal da?
Wie beim Schottenrock
Wusstest du, dass die Männer ihre Lederhose bis in die 1940er Jahre grundsätzlich ohne Unterhose trugen? Soll wahr sein.
In New York Heimweh nach Bayern
Der 1894 am Starnberger See geborene und 1938 nach New York geflohene Schriftsteller Oskar Maria Graf hatte zeit seines Lebens Heimweh nach der bayrischen Heimat. Deshalb trug er bis zu seinem Tod 1967 in Manhattan konsequent nur Lederhosen.
Lederhosen-Pflegetipps: Waschen oder speckig lassen?
Viele sagen, eine original bayrische Lederhose ist erst dann perfekt, wenn sie so richtig speckig aussieht. Also niemals waschen. Stimmt das? Auf der Webseite zur Wiesn heißt es (Zitat):
Eine Lederhose wird nicht gereinigt, sondern gewaschen – heute so wie schon vor hundert Jahren, zeitintensiv, in Form von biologischer Handwäsche mit Regenwasser und Schmierseife. Kalkhaltiges Leitungswasser greift das Leder an, zudem flockt die Seife in Kalkwasser während sie sich in Regenwasser schön verteilen kann. Chemisch hergestellte Waschmittel gilt es ebenfalls zu vermeiden, eine Lederhose ist zumeist ein hochwertiges Naturprodukt, das auch natürlich behandelt werden möchte.
Doch zunächst darf die Hose ruhig etwas speckig werden. Erst wenn die Patina das Leder quasi versiegelt, wird es höchste Zeit, sie zu waschen, damit sie wieder schön weich wird. Flecken lassen sich zwar auch einzeln entfernen, aber am Ende gibt es dadurch ungleichmäßige Farbveränderungen. Also ist es besser und einfacher, die Hose gleich komplett zu waschen.
Hast du auch eine original bayrische Lederhose? Wo kam sie bisher zum Einsatz? Trau dich und poste ein Foto auf Facebook oder Instagram. Ich freu mich drauf!
Kultding des Monats #September 2018
Alle Fotos © Simone Blaschke