Teil 1: Amsterdam

Ich war noch niemals in New York, ich war noch niemals auf Hawaii…Stimmt, beides. Das bleibt nicht so, da könnt ihr sicher sein. Auf meiner Liste der Kult(reise)touren stehen diese beiden Ziele ganz weit oben (nach Hawaii geht’s dIlsen Sommer!). Heute geht es aber um Städte, die ich schon besucht habe und die viele von euch auch kennen. Umso besser, dann könnt ihr bestimmt auch die heutige Frage beantworten: Welche Stadt findet ihr besser, schöner, interessanter? Amsterdam oder Paris?

Sind die beiden Städte überhaupt vergleichbar?

Vielleicht vergleiche ich auch Äpfel mit Birnen? Nicht ganz. Drei Gemeinsamkeiten sind mir auf Anhieb eingefallen. Erstens: In beiden Städten gibt es jeder Menge Wasser, die Grachten in Amsterdam, die Seine in Paris. Zweitens die gute Erreichbarkeit per Zug oder Flieger. Selbst mit dem Auto ist es aus dem Rheinland und Ruhrgebiet nicht allzu weit. Und drittens: die herausragende Vielfalt an Käse.

Darf ich vorstellen? Amsterdam 1982

An meinen ersten Besuch Amsterdam 1982 kann ich mich noch sehr gut erinnern. Wir waren eine Woche auf Klassenfahrt und sind mit einem Hausboot durch Holland geschippert. Etagenbetten für 20 Personen, Aufenthaltsraum, eigene Küche, quasi eine Jugendherberge auf dem Wasser. Ich erinnere mich, wie wir dugiebelhaeuser-amsterdam_simone-blaschkerch die Grachten von Amsterdam getuckert sind und die zahlreichen, manche schon etwas in Schieflage geratenen Giebelhäuser aus dem 17. Jahrhundert bewundert haben. Inzwischen gehört der Grachtengürtel von Amsterdam (seit 2010) als städtebauliches und architektonisches Gesamtkunstwerk zum UNESCO-Welterbe. Und ist immer noch eine der beliebtesten Wohnadressen der reichen Amsterdamer.

Pickel und Rotlicht

Damals interessierte uns pickelige Teenager vor allem eine Kult(ur)-Meile: das berühmt-berüchtigte Rotlichtviertel. Ich weiß noch, wie unser Klassenlehrer durch die engen Gassen voranschritt, wir Mädels gackernd hinterher, gefolgt von den feixenden Jungs, die sich ganz cool gaben. Wir 15-jährigen Schüler aus einem kleinen Dorf in Mittelhessen staunten Bauklötze angesichts der (halb)nackten Mädels, die in den rot beleuchteten Schaufenstern lasziv auf Barhockern saßen. Bei heutigen Teenagern unvorstellbar, lockte uns damals der Anblick nackter Frauen die Schamesröte ins Gesicht.

Amsterdam heute: Kosmopolitisch und regenbogenfarbenfroh

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Eve´s Guest House

Später besuchte ich Amsterdam einige Male ganz kurz auf der Durchreise zur holländischen Nordseeküste. 2013 entschied ich mich zusammen mit meinem Freund, mehrere Tage nach Amsterdam zu fahren. Wir wollten in das quirlige Treiben der 800.000 Einwohner zählenden niederländischen Hauptstadt eintauchen. Von Freunden bekamen wir den Kult-Tipp, uns im B&B „Eve´s Guesthouse“ einzuquartieren. Fußläufig gerade mal 10 Minuten vom Zentralbahnhof in Amsterdam entfernt, kamen wir Anfang Juli bei sommerlichen 30 Grad in der Spuistraat 44 an.

Mitten im Szeneviertel

Offensichtlich waren wir mitten in einem Szeneviertel mit homo- und heterosexuellen Bewohnern, kultigen Kneipen, außergewöhnlichen Cafés und Erotik-Shops gelandet. erotik-artikel-amsterdam_simone-blaschkeEve, unser Herbergsvater, hatte uns per Mail informiert, dass er nicht persönlich kommen könnte. Er hatte deshalb den Schlüssel in einem Geschäft im Erdgeschoss hinterlegt. Das entpuppte sich als einschlägiger Sex-Shop, wie man bereits von außen erkennen konnte. Drinnen stiefelten wir an schnauzbärtigen Typen in Lederwesten und nackten Oberkörpern, übersät mit Tatoos, vorbei zum Tresen. Zaghaft fragten wir nach, ob wir hier den Schlüssel zu Eve´s Guesthouse abholen könnten. Der „Verkäufer“ strahlte uns mit seinen tiefschwarz geschminkten Augen freundlich an, gab uns den Schlüssel und beschrieb uns, wo unser Zimmer lag. Bei Fragen könnten wir ihn jederzeit ansprechen. Wie cool!

Amsterdam berauscht auch ohne Tütchen

In der Altstadt gibt es fast an jeder Straßenecke einen Coffee Shop. Dafür ist Amsterdam bekannt. Auf offener Straße ein Tütchen rauchen, das ist hier keine Diskussion wert. Zum unbeschwerten Kiffen kommen Holländer aus anderen Teilen des Landes und natürlich Touristen in die Hauptstadt. Doccafe-an-gracht-amsterdam_simone-blaschkeh die lässige Art der Bewohner resultiert bestimmt nicht (nur) vom Kiffen. Irgendwie scheinen die Amsterdamer generell entspannt zu sein. Oder trifft das auf alle Niederländer zu? Auf uns sprühte der Funke auch ohne Joint oder Haschkekse über. Relaxed schlenderten wir durch die Stadt und ließen uns in einem der hübschen Cafés in der Heeren- oder Prinsengracht nieder.

Heiße Kultur im Park von Amsterdam

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Vondelpark

Bis auf den Besuch einer Van-Gogh-Ausstellung sparten wir uns bei der hochsommerlichen Hitze das lange Anstehen vor den angesagten Museen. Lieber fuhren wir mit dem Bus zum Vondelpark. Er ist nach dem niederländischen Dramatiker Joost van den Vondel benannt und liegt im Stadtteil Oud-Zuid. Am Wochenende, besonders an heißen Sommertagen der ideale Ort zum Abhängen, Grillen oder Musik machen. Viele Städter kommen hierher und jeder findet sein persönliches Eckchen im Schatten der Bäume. Genau wie wir.

Ein Viertel liegt unter dem Meeresspiegel

Wenn jemand weiß, wie man in einem Land, in dem rund ein Viertel der Fläche unter dem Meeresspiegel liegt, eine große Stadt errichtet, dann sind es die Städtebauer von Amsterdam. Die weltbekannte Grachtenstadt ist das beste Beispiel dafür, wie man durch optimale Planung das Wasser als Straßen nutzen kann. Die ganze Stadt ist auf Millionen von Fichtenstämmen gebaut. Etwa 40 Stück waren für ein einziges Haus nötig, 13.600 für den Königlichen Palast. Die Pfähle wurden rund elf Meter tief in den schlickigen Untergrund gerammt, um in der darunter liegenden Sandschicht die nötige Stabilität zu finden. Das alles erfährt man bei einer Grachtenfahrt durch Amsterdam, die ich unbedingt empfehlen kann. Touri hin, Touri her.

Coole Hausboote, schöne Grachten

Das Bild der Innenstadt ist geprägt von großen und kleinen, gebogenen und gerade Brücken, Schleusen, coolen Hausbooten und schwimmenden Restaurants. Wenn man mit dem flachen offenen Boot die Kanäle (niederdeutsch: Grachten) in gemütlichem Tempo entlangfährt, nimmt man die Altstadt von Amsterdam aus einem völlig anderen Blickwinkel wahr. Würde ich hier wohnen, ich könnte mir ein Leben auf einem Hausboot, wie sie hier zu Dutzenden vor Anker liegen, gut vorstellen.

Mein Resümee zu Amsterdam

Die Kombination aus Alt und Neu, Tradition und Moderne in Verbindung mit der einzigartigen Architektur macht Amsterdam zu einer der attraktivsten Städte Europas. Angenehm kleinstädtisch, dann wieder international, coole Socke und kulturell ganz weit vorne. Amsterdam macht einfach Spaß!
Ihr findet Amsterdam genauso kultig wie ich? Dann teilt mir eure persönlichen Kult-Tipps für Amsterdam mit.

Hier geht’s weiter mit Teil 2 meines Städtevergleichs: Allez à Paris!

Reise 2013