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Open Air Oper für Alle in Braunschweig
In meinem Beitrag „Braunschweig bietet tolle Kultur Events im Sommer“ habe ich über das Klassik-Picknick im Braunschweiger Bürgerpark berichtet, bei dem ich vor lauter Begeisterung direkt zwei Karten für die Open-Air-Aufführung „Nabucco“ auf dem Burgplatz in Braunschweig gekauft habe. Letzten Mittwoch war es dann soweit. Meine Lust hielt sich nach einem anstrengenden Tag in Grenzen, aber das änderte sich schnell. Und weil es so ein herausragendes Erlebnis war, hat es dieser Opernbesuch in meine Rubrik „Kultding des Monats“ geschafft.
Hemmschwelle zur Oper ganz leicht genommen
Schon das Wetter sorgte für gute Laune. Während sich die Zuschauer bei der Premiere am 17. August mit Plastikcapes gegen den Regen schützen mussten, konnten wir wenige Tage später unsere Plätze in der Arena auf dem Burgplatz bei strahlend blauem Abendhimmel und angenehmen Temperaturen einnehmen. Bereits auf dem Weg zur Location war meine Erschöpfung wie verflogen. Viele andere Besucher liefen mit uns zum Ort des Open Air Spektakels auf dem Burgplatz. Ich habe in meinem Leben erst zwei Opernaufführungen in beeindruckenden Konzerthäusern (in Prag und Wien) erlebt und mein Respekt vor den in feiner Abendrobe herausgeputzten Opernkennern ist groß. Doch mein Interesse an der klassischen Oper ist mit der Zeit gewachsen. Wie beim Klassik-Picknick im Park merkte ich, dass mir das Open Air Ambiente hilft, die Hemmschwelle zu überwinden. Genau so war es dann auch und ich hatte auf dem Braunschweiger Burgplatz den Eindruck, dass dies eine „Oper für Alle“ ist. Das Gefühl, dass es hier ausschließlich um das musikalische Ereignis geht, stand auch bei allen anderen im Vordergrund. So mein Eindruck. Selbst mein Begleiter, für den es die erste Oper seines Lebens war, fühlte sich rundum wohl.
Nabucco und der berühmte Gefangenenchor
Selbst wer von der Oper „Nabucco“ keine Ahnung hat, das Lied „Va, pensiero“ („Flieg, Gedanke“) des berühmten Gefangenenchors hat fast jeder schon einmal gehört. Und der Komponist Guiseppe Verdi ist den meisten ebenfalls ein Begriff. Für Opern-Anfänger ist Nabucco deshalb ein super Einstieg.
In der Inszenierung von Klaus Christian Schreiber auf dem Burgplatz Braunschweig ist die Bühne Schauplatz einer babylonischen Ausgrabungsstätte. Zu Beginn findet eine Gruppe von Archäologen – die späteren Protagonisten – Tafeln im Boden, die Hinweise auf die Geschichte Nabuccos liefern. Nach einem kurzen Szenenwechsel geht die Geschichte der Oper richtig los. Um die auf Italienisch gesungene Handlung besser zu verstehen, halfen uns die deutschen Übersetzungen der Kernaussagen, die auf großen Monitoren zu lesen waren.
Die Geschichte spielt in Jerusalem und Babylon 587 vor Christi. Der babylonische König Nebukadnezar, kurz Nabucco, hat Jerusalem eingenommen. Die besiegten Hebräer haben aber noch ein Ass im Ärmel, denn ihr Hohepriester hält Nabuccos Tochter Fenena gefangen. Deren Schwester Abigaille erhebt Anspruch auf den Thron und den Hebräer Ismaele, den beide Schwestern lieben. Als Abigaille erfährt, dass sie weder die leibliche Tochter von Nabucco, sondern eine Sklavin ist, noch Ismaele ihre Liebe erwidert, sondern Fenena liebt, wandelt sich ihr Schmerz in blinde Wut. Sie plant, Nabucco, Fenena, Ismaele und das gesamte Volk Israel zu vernichten. Es geht also um Macht, Liebe und Eifersucht und damit um Themen, die bis heute nichts an Brisanz verloren haben.
- Archäologen finden Relikte von Nabucco. So startet die Inszenierung in Braunschweig. (Foto: Andreas Greiner Napp)
- Nabucco im Davidstern. (Foto: Bettina Stoess)
- Nabuccos Tochter Fenena wird vom Hohepriester gefangen gehalten. (Foto: Andreas Greiner Napp)
Guiseppe Verdi wurde mit Nabucco zum Star
Im Alter von nur 28 Jahren erreichte Giuseppe Verdi 1842 seinen Durchbruch als Opernkomponist. Bis heute hat das Werk nichts von seiner Energie eingebüßt und ist auch unabhängig von der Hymne des Gefangenenchors total mitreißend und hochemotional. Nach der Uraufführung am 9. März 1842 im Teatro alla Scala in Mailand breitete sich ein regelrechtes „Nabucco“-Fieber in den europäischen Metropolen aus und Verdi avancierte zum Star am Opern-Olymp.
Mit Carmen startete die Freiluftarena in Braunschweig
2003 startete das Burgplatz Open Air in der Innenstadt von Braunschweig vor historischer Kulisse. Seitdem entsteht zwischen der Burg Dankwarderode und dem Dom St. Blasii jeden Sommer für rund vier Wochen eine Freiluftarena. Gespielt werden von Jahr zu Jahr Aufführungen aus unterschiedlichen Genres wie Musical, Oper oder Musiktheater, darunter „Hairspray“ und „Tosca“. Den Start machte vor 16 Jahren Georges Bizets „Carmen“. Die meistgespielte Oper der Welt wurde letztes Jahr aus Anlass des 15-jährigen Jubiläums erneut aufgeführt.
Mit „Nabucco“ endet am am 4. September die 16. Open Air Saison in der Freiluftarena auf dem Burgplatz. Wer sich schnell entscheidet, kann vielleicht noch Restkarten ergattern.
Kult-Geschichte des Staatstheaters Braunschweig
- 1690 eröffnete Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Lüneburg mit dem Theater am Hagenmarkt eines der ersten öffentlich zugänglichen Theaterhäuser im deutschsprachigen Raum. Zunächst war es ein reiner Opernbetrieb, ab Mitte des 18. Jahrhunderts fanden regelmäßig auch Schauspielaufführungen statt, darunter die beiden Uraufführungen »Emilia Galotti« von Gotthold Ephraim Lessing 1772 sowie »Faust – der Tragödie erster Teil« von Johann Wolfgang von Goethe 1829.
- Mitte des 19. Jahrhunderts wurde ein Theaterneubau beschlossen. 1861 wurde das neue Haus am Steinweg eingeweiht. Es ist das heutige Große Haus des Staatstheaters Braunschweig.
- Im 2. Weltkrieg wurde das Theatergebäude zum Teil schwer zerstört, konnte aber nach nur 3 Jahren Wiederaufbau im Dezember 1948 neu eröffnet werden.
- Neben dem Großen Haus am Steinweg gibt es drei weitere Spielstätten des Staatstheaters: das Kleine Haus (seit 1996 am Magnitorwall), das Haus Drei im Magniviertel (seit 1984) sowie das Aquarium im Kleinen Haus (seit 2017).
- Die Sparten Musiktheater, Schauspiel, Tanz und Junges Staatstheater sind unter einem Dach vereint.
- Rund 35 Premieren und 10 Sinfoniekonzerte des Staatsorchesters in der Stadthalle finden je Spielzeit statt.
- Alle zwei Jahre richtet das Staatstheater Braunschweig als Gastgeber das internationale Festival „Theaterformen“ aus.
- Aktueller Generalmusikdirektor ist der Serbe Srba Dinić.
Quelle: Staatstheater Braunschweig
Open Air Bühnen in Deutschland
Ob Einsteiger oder Kenner, eine Oper unter freiem Himmel ist wie jedes andere Open Air Musikevent etwas ganz Besonderes. In Deutschland gibt es zahlreiche Open Air Bühnen, auf denen Opern vorgeführt werden. Zu den bekanntesten zählt die Seebühne in Bregenz. Hier findest du weitere Tipps zu Opernhäusern und Freiluft Opern.
Bist du Opern-Fan und hast auch schon eine Oper auf einer Freiluft-Bühne erlebt? Dann freue ich mich auf deine Eindrücke und Tipps in der Kommentarfunktion unter diesem Beitrag!
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Kultding des Monats #August 2019
Fotos © Simone Blaschke (ausgenommen die extra gekennzeichneten Pressefotos)
Für mich ist die Oper die höchste Form der darstellenden Kunst. Als open air ein besonderes Ereignis. Ich empfehle diesbezüglich den Besuch der Erfurter Domfestspiele. Traumkulisse und fantastische Inszenierungen, meist vom Generalintendant Guy Montavon selbst. Allerdings nur jedes zweite Jahr Oper, sonst immer im Wechsel mit Musical. Nabucco zum Einstieg ist vielleicht zu schwierig. Verdis Musik kann man immer hören, aber die Handlung ist wie bei vielen Opern etwas verworren. Ich rate für den Anfang zu den Opern von Donizetti.
Lieber Örzi,
danke für die Tipps. Ich fand Nabucco ideal als Einstieg, zumal die Handlung gut nachvollziehbar ist und die Übersetzungen auf den Monitoren ebenfalls hilfreich waren. Du hast recht, eine Open Air Oper ist wirklich etwas ganz Besonderes und die Oper selbst beginne ich immer mehr zu mögen. LG, Simone