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Reise in die Tempelwelten Südostasiens
Viele meiner Freunde waren schon da. Und alle haben ein Lächeln und leuchtende Augen, wenn sie von ihren Reisen nach Vietnam, Kambodscha und Thailand berichten. Ich selbst war noch nicht da, habe mich aber nach diesem Interviews von den anschaulichen Berichten meiner reisefreudigen Bekannten Birgit überzeugen lassen.
Ich treffe sie kurz nach ihrer dreiwöchigen Reise in einem vorweihnachtlich dekorierten Café in Bonn und betrachte fasziniert die Fotos, die sie mir auf ihrem Laptop zeigt. Für eine gute Stunde tauche ich mit ihr in eine ganz andere Welt ein, 12600 Kilometer von Deutschland entfernt.
Dankbar ohne Luxus
Bevor Birgit anfängt zu erzielen, verrät sie mir, was sie am meisten an dieser Reise beeindruckt hat: „Man wird so unendlich dankbar für das, was man in Deutschland hat. Selbst eine 50-Quadratmeter-Wohnung ist Luxus, wenn du siehst, wie die Menschen in Vietnam oder Kambodscha zum Teil auf 15 Quadratmeter mit der ganzen Familie leben. Und gleichzeitig“, fügt sie hinzu, „sind sie so fröhlich und lebensbejahend.“
Erster Stopp in Ho-Chi-Minh-Stadt
Die Gruppenreise startete Mitte November in der Hauptstadt von Vietnam, Ho-Chi-Minh-Stadt, dem ehemaligen Saigon. Birgit und die anderen in der kleinen Reisegruppe haben ähnliche Interessen, möchten Land und Leute kennen lernen, aber auf einen gewissen Komfort (Übernachtung in Mittelklasse-Hotels) und organisatorischen Service (Visa, erfahrener Guide vor Ort) nicht verzichten. So ist es in Vietnam, der ersten Station der Drei-Länder-Tour, extrem vorteilhaft, dass der freundliche Than als einheimischer Reiseleiter dabei ist. Ihm sind die kulturellen und geschichtlichen genauso wie die organisatorischen Gegebenheiten vor Ort geläufig. Außerdem spricht er neben der Landessprache auch Deutsch und gibt immer wieder gute Tipps. Einer davon ist:
Vorsicht bei den Speisen von den Garküchen auf den Straßen. Was der Vietnamese anstandslos verträgt, kann bei empfindlichem Magen im wahrsten Sinne des Wortes „in die Hose gehen“. Daher lieber vorsichtig sein, so verlockend manche Gerüche auch sind. Der Anblick frittierter Spinnen hingegen schreckt auch ohne diese Warnung vorm Verzehr ab. Obwohl sie wirklich sehr nährreich sein sollen.
Die ersten zwei Tage verbringt die Gruppe mit der Besichtigung der wuseligen 8-Millionen-Metropole. Neben geführten Touren zu verschiedenen Märkten, ins chinesische Viertel, zum Wiedervereinigungspalast und zum Kriegsmuseum bleibt immer auch genügend Zeit für eigene Erkundungstouren zu Fuß oder besser noch per TukTuk, einer Art Moped mit Rikscha.
Geregelte Verkehrsführung gibt es nicht
Besonders lebendig erinnert sich Birgit an die anfängliche Panik, als sie die Straßen von Ho-Chi-Minh-Stadt zu Fuß zu überquerte. Denn so etwas wie eine geregelte Verkehrsführung gibt es hier nicht. Neben wenigen Autos beherrschen hier Mopeds das Straßenbild. Mit ihnen wird alles transportiert, was nicht niet- und nagelfest ist. Vorfahrt hat scheinbar derjenige, der hupt und gleichzeitig fährt. Fußgänger scheinen Fremdkörper zu sein. Als Birgit das erste Mal den Fuß auf die Straße setzte, hatte sie das ungute Gefühl, direkt angefahren zu werden. Trotzdem lief sie zügig los. „Nur nicht stehen bleiben, wenn du einmal auf der Straße bist“, das hatte ihr ein Insider eindringlich mit auf den Weg gegeben. Und siehe da, es funktionierte. Unbeschadet schaffte sie den Sprint auf die andere Straßenseite. Wieder etwas über Land und Leute gelernt, wenn auch eher unfreiwillig.
Vietnamkrieg in unterirdischem Tunnel überlebt
Am dritten Tag geht die Fahrt raus aus der City zu den Cu Chi Tunneln, einem wichtigen Vietcong Stützpunkt während des Vietnamkriegs. Diese, zu einem über 200 Kilometer großen unterirdischen System im vietnamesischen Urwald gehörenden Tunnel wurden – man mag es kaum glauben – von den amerikanischen Soldaten nie entdeckt. Die von Menschenhand in den harten Lateritboden getriebene unterirdische „Kriegsstadt“ verfügte über Kommandostände, Krankenhäuser, Schutzräume und Waffenfabriken.
Reiseleiter Than schlüpft in die passend für die sehr kleinen und schmalen Vietnamesen gebaute Tunnelöffnung und verschließt den Eingang mit einem getarnten Deckel von innen. An einem etwas größeren Eingang wagen sich auch die größeren und kräftigeren deutschen Touristen ein Stück in den Tunnel und kriechen auf allen Vieren durch die Röhre. Unfassbar beeindruckend und hautnah erfährt die Gruppe auf diese Weise geschichtliche Hintergründe, die sie so schnell nicht vergessen wird.
Buddhistische Tempel und Pagoden
Bis heute ist Vietnam vom Krieg gezeichnet. Doch genauso präsent sind die zahlreichen Tempel der verschiedenen Religionsgemeinschaften, vor allem der Buddhisten, darunter die Thien Hau Pagode der kantonesischen Gemeinde in Ho-Chi-Minh-Stadt oder die Vinh Trang Pagode, ein wunderschöner Tempel und Zufluchtsstätte für Waisen und notleidende Kinder in My Tho.
Bootsfahrt zum Mekong-Delta
Ein weiteres Highlight in Vietnam, berichtet mir Birgit, sei die anschließende Bootsfahrt von My Tho zum Mekong-Delta gewesen. Dort stieg die Gruppe in kleine Sampan-Boote um, die von einer einheimischen Bootsführern geschickt durch die schmalen, von Urwaldvegetation gesäumten Wasserwege bis nach Can Tho gelenkt wurde.
„Einkaufsbummel“ auf vietnamesisch
Der nächste Tag in Vietnam startetemit einem für südostasiatische Länder typischen „Einkaufsbummel“ auf dem Wasser. Doch die schwimmenden Märkte sind hier, im Gegensatz zu Bangkok, nicht nur eine auf Touristen ausgerichtete Attraktion. Hier wird noch echter Handel zwischen den Einheimischen betrieben. Umso authentischer konnten Birgit und ihre Gruppe das Handeln und Feilschen von Käufer und Verkäufer beobachten und auch selbst Früchte oder ein Heißgetränk vom schwimmenden Café erwerben.
Abenteuerliche Grenzfahrt von Vietnam nach Kambodscha
„Der Transfer über die Grenze von Vietnam nach Kambodscha am nächsten Tag“, Birgit nippt aufgeregt an ihrem Cappuccino, „war echt abenteuerlich. So etwas habe ich noch nie erlebt und ich muss immer noch ungläubig mit dem Kopf schütteln, wenn ich daran denke.“ Dann berichtet sie weiter:
Am frühen Morgen brach die Reisegruppe, ohne ihren liebgewonnenen Reiseführer Than, der sich vorher verabschiedet hatte, mit einem staatlichen „Betreuer“ zu ihrer Fahrt mit dem Speed-Boot in Richtung kambodschanische Grenze auf. Der vierstündige Transfer übers Wasser ist bei weitem schneller als über den Landweg.
Der eigentliche Einreiseprozess nach Kambodscha lief dann so ab: Bereits auf dem Boot sammelte der Begleiter von jedem 25 Dollar in kleinen Scheinen und die Reisepässe ein. An einer Bootsanlegestelle wurden die deutschen Touristen gebeten auszusteigen. Die Pässe samt Dollarscheine wurden an die uniformierten „Beamten“ verteilt, die an fünf Holztischen unter Palmen am Ufer saßen. „In der Zwischenzeit kannst du nur hoffen, dass du deinen Pass wiederbekommst“, beschreibt Birgit die skurrile Situation. Nach einer gefühlten Ewigkeit erhielten die Touristen ihre Pässe zurück und atmeten erleichtert auf. Dann folgte die eigentliche Kontrolle jedes einzelnen am Schalter. „Vermutlich ist die Verteilung der eingesammelten Dollar einfach erst einmal die Grundvoraussetzung dafür, dass man über die Grenze darf und die Weiterreise genehmigt wird“, vermutet Birgit. Nach der Passkontrolle konnten sie die Strecke nach Phnom Penh, die Hauptstadt Kambodschas, ohne Probleme mit dem Speedboot fortsetzen.
Smaragdbuddha in Phnom Penh
In der 1,5-Millionen-Stadt Phnom Penh, so Birgits Eindruck, läuft alles etwas geordneter und ruhiger ab als in Ho-Chi-Minh-City. Sie genoss die Tour durch die Hauptstadt mit dem Tempel Wat Phnom, dem Königspalast, der Silberpagode mit dem Smaragdbuddha und diversen Museumsbesuchen.
Der absolute Höhepunkt der Reise, resümiert Birgit im Nachhinein, begann mit Tag 9 ihrer Reise. Ein Express-Bus brachte sie von Phnom Penh ins etwa 240 Kilometer entfernte Siem Reap. Die Hauptstadt der gleichnamigen Region ist Ausgangspunkt für die Besichtigung des legendären UNESCO-Weltkulturerbes Angkor Wat. Die Tempelanlagen nahmen im 11. Jahrhundert n. Chr. ihren Anfang und dienten zunächst der Verehrung Vishnus, eine der wichtigsten Formen des Göttlichen im Hinduismus, damals noch Staatsreligion Kambodschas. Etwa ab dem 16. Jahrhundert wurde die Anlage dem Buddhismus gewidmet, der bis heute Staatsreligion in Kambodscha ist.
UNESCO Weltkulturerbe Angkor Wat
Für Angkor Wat (in der kambodschanischen Sprache Khmer bedeutet Angkor „die Stadt“ und Wat steht für Tempelanlage) sollte man sich Zeit nehmen – sehr viel Zeit.
Denn die Dimension der Anlage sprengt mit über 1000 Gebäuden, verteilt auf ein 200 Quadratkilometer großes Areal, jegliche Größenvorstellung. Die nächsten beiden Tage waren deshalb ausschließlich Angkor Wat vorbehalten.
Und dort gibt es wirklich Großartiges zu entdecken: die Tempelanlagen Bayon und Baphuon zum Beispiel, die Elefantenterrasse und die Terrasse des Leprakönigs. Oder die Tempel Ta Prohm und Banteay Srei, die Roulous Gruppe, Lolei und Preah Ko. Genauso beeindruckend ist auch die Ruine East Mebon.
Urwald zwischen Ruinen
Besonders die Stellen, an denen sich der Urwald seinen Weg durch die Ruinen bahnt und das Wurzelwerk keine Rücksicht auf heilige Steine mit detailverliebten Reliefs nimmt, faszinierten Birgit. „Überhaupt“, berichtet sie weiter, „habe ich in Angkor keinen einzigen Stein gesehen, der nicht mit einem filigranen Relief bearbeitet wurde, das von der Geschichte und Kultur der Khmer erzählt.“
Allerdings, auch das muss erwähnt werden, leidet die Anlage schon lange unter den Touristenmassen, die die Erhaltung des Erbes der Khmer-Könige durch Restauratoren erschweren. 2011 besuchten 1,6 Millionen Ausländer und ebenso viele Einheimische Angkor Wat. Vor allem die Asiaten reisen in großen Gruppen an und ziehen durch die heilige Stätte wie eine Dampfwalze. Das empfand auch Birgit so, weshalb sie die Ruhe in den Tempeln fernab der Touristenströme besonders genoss.
Begegnung mit dem Engel
Die Begegnung mit dem „Engel von Angkor Wat“, wie Birgit ihn nannte, war eines ihrer persönlichen Highlights der Reise.
Zusammen mit einem anderen Reiseteilnehmer zog sie am zweiten Tag in Angkor Wat auf eigene Faust los, um auf dem riesigen Gelände herumzuwandern. Wie allgemein üblich mietetn sie sich ein TukTuk und lassen sich zum Startpunkt ihres Fußwegs bringen. Vor Ort angekommen, fragte sie ihr TukTuk-Fahrer mehrmals, ob sie sicher seien, dass er sie nicht den gesamten Tag durch die Anlagen chauffieren soll. Birgit lehnt mit den Worten „Wir gehen gern zu Fuß“ dankend ab und verabschiedete sich von dem kleinen Kamboschaner, der kichernd abzog.
Dieses kichernde Grinsen sollten die beiden im Laufe des Tages noch häufiger zu sehen bekommen, denn die beiden Wanderer waren absolute Exoten. Außer ihnen lief kein Mensch bei 30 Grad Hitze und 95 Prozent Luftfeuchtigkeit freiwillig zu Fuß durch Angkor Wat. Wie Birgit später erfuhr, mietet man sich für eine vorher verabredete Route ein TukTuk für den ganzen Tag und wird von Tempel zu Tempel gefahren. Sie versicherte mir, dass es ihr und ihrem Begleiter anfangs wirklich nichts ausmachte, zu laufen. Im Gegenteil, sie empfand die Möglichkeit, sich spontan zu entscheiden, welche Richtung sie als nächstes einschlagen wollte, sogar als Vorteil. Insgesamt 20 Kilometer wanderte sie durch die Tempelanlage. Solange es hell war, war das alles völlig ok.
Orientierungslos durch die Dunkelheit
Das Problem trat erst am späten Nachmittag auf. „Blauäugig, wie wir waren, haben wir nicht daran gedacht, dass es in diesen Breitengraden bereits am späten Nachmittag schlagartig dunkel wird und wir noch einen Rückmarsch von rund fünf Kilometern vor uns hatten.“ Ein TukTuk zu bekommen, war aussichtslos. Die meisten Fahrer hatten ihre Tageseinnahmen in der Tasche und befanden sich bereits auf dem Weg nach Hause.
In dieser Situation tauchte ein sehr junges, sehr zierliches Mädchen vor ihnen auf, das ihnen sofort eine Mitfahrgelegenheit auf ihrem Moped anbot. Überwältigt von dieser freundlichen Geste stellte sich für Birgit und ihren knapp zwei Meter großen Begleiter nur eine Frage: „Wie in aller Welt sollen drei Personen auf dieses kleine Moped passen?“ Für die freundliche Kambodschanerin kein Grund zur Sorge. Sie rutschte ans vordere Ende des Sitzes, bot Birgit die mittlere Position an, während sich der Dritte im Bunde ganz hinten auf den Sitz klemmte. In diesem „Sandwich-Format“ nahm das ratternde Moped im Lauf der Zeit immer mehr Fahrt auf, was eindeutig an den nicht funktionierenden Bremsen lag. Doch die Fahrerin steuerte unermüdlich auf das Hotel der beiden deutschen Touristen in Siem Reap zu. Wie die meisten Einheimischen wusste sie, wo das war, auch wenn sie kein Englisch sprechen oder verstehen. Birgit brauchte ihr nur die Visitenkarte mit dem Logo des Hotels zeigen. Dieser „Visitenkarten-Trick“ ist übrigens ebenfalls ein wertvoller Tipp des einheimischen Reiseleiters.
Kurz vor sechs Uhr abends, rechtzeitig zum Dinner im Hotel, endet die Fahrt mit dem „Engel von Angkor Wat“, wie sie Birgit inzwischen getauft hat. Unter großem Dank, verabschiedeten sie sich von der jungen Frau, nicht ohne ihr fünf Dollar in die Hand zu drücken, die sie nur widerwillig annahm.
Nach dieser wunderbaren Begegnung ging es zwei Tage später von Kambodscha ohne größere Vorkommnisse an der Grenze nach Thailand weiter.
Tempel, Luxus und Sextourismus in Bangkok
Das Ziel war Bangkok. Krasser konnte der Gegensatz nicht sein. Eben noch geschichtsträchtige Tempelanlagen, jetzt die Millionenstadt zwischen Luxus und Sextourismus.
So schön wie Bangkok auf der einen Seite mit seinem Königspalast, dem Smaragd-Buddha und seinen Tempeln ist, so unglaublich tragisch ist das Schicksal der armen Bevölkerung, deren Kinder sich für Sextouristen verkaufen müssen. Die extremen Gegensätze zwischen arm und reich, wie sie auf der bisherigen Reise immer wieder festzustellen waren, erreichten für Birgit hier ihren Höhepunkt.
Strandparadies an der Küste bei Hua Hin
Doch Bangkok ist nicht Thailand, das wissen aufgeschlossene und erfahrene Touristen längst. Und so erlebte auch Birgit in den letzten vier Tagen ihrer Reise die traumhaften Strandparadiese an der Küste Thailands bei Hua Hin mit ihren wunderbaren Menschen.
Die Erlebnisse und Eindrücke, die sie aus Vietnam, Kambodscha und Thailand, die Birgit mit ins vorweihnachtliche Deutschland gebracht hat, fasst sie am Ende des Interviews ganz einfach zusammen: Reisen bildet und öffnet das Herz für andere Menschen und Kulturen.
Hinweis: Mit diesem Interview und dem Reisebericht waren keine Bedingungen verknüpft. Es fand keine Honorierung o. Ä. statt. Auch die Fotos wurden alle unentgeltlich von Birgit Thein für KULTREISEblog z. V. gestellt.
Liebe Sabine, ich denke, der einheimische Guide aus der Reportage wollte auf Nummer Sicher gehen und seine deutschen Gäste gesund und sicher durch Ho-Chi-Minh-Stadt führen. Ich kann das selbst mit meinem empfindlichen Magen gut nachvollziehen ;-) Ansonsten bleibt es ja jedem selbst überlassen, ob er die Garküche probieren möchte. Danke für deinen speziellen Tipp!
„Niemals von den Garküchen dieser Welt essen“ – was ist das denn für ein Tipp? Da verpasst man doch das Beste in Asien! Habe z. B. noch nie so ein gutes Pad Thai gegessen wie der winzigen Garküche am Straßenrand in Chiangmai.