In diesem Monat habe ich die Erinnerung an etwas Schönes gesucht, um es als Kultding des Monats vorzustellen. Denn eigentlich würde ich jetzt in einem Weingut in Stellenbosch bei Kapstadt die letzten Tage meiner Südafrika-Reise ausklingen lassen. Diese Reise fiel aus allgemein bekannten Gründen leider aus. Stattdessen erinnere ich mich gerne an meine wunderbare Reise nach Hawaii vor drei Jahren. Über die Hawaii-Inseln habe ich hier im Blog schon ausführlich geschrieben. Nur diese spezielle hawaiianische Kultur stand noch auf meiner To Do-Liste für einen Blogbeitrag: Die Lei Blumenkette und ihre spezielle Bedeutung.

Willkommen auf Hawaii – Lei als Zeichen der Wertschätzung und Liebe

Von dem Gedanken, bei der Ankunft am Flughafen von Hawaii von einer leicht bekleideten polynesischen Schönheit im Bastrock die traditionelle Blumenkette „Lei“ um den Hals gehängt zu bekommen, kannst du dich gleich mal verabschieden. Diese Inszenierung erfolgt in der Regel nur noch bei Pauschalreisen durch den Reiseveranstalter, und dann auch nur auf der bekanntesten Insel O’ahu am Flughafen von Honolulu. Als wir vor drei Jahren auf der ältesten und ursprünglichsten Insel Kaua’i spät abends ankamen, stand niemand da.

Aber das machte nichts. Das „Aloha“-Feeling, die Wertschätzung und Freude in Verbindung mit diesen besonderen Blumen, ob im Haar oder als Kette, spürte ich aber auch ohne diese Begrüßungszeremonie auf Hawaii vom ersten Tag an.

Aloha und herzlich willkommen

Die Bedeutung der Lei reicht von „Herzlich Willkommen“, „Auf Wiedersehen“ und „Liebe“ bis zu „Danke“ und drückt in der polynesischen und hawaiianischen Kultur generell eine Wertschätzung gegenüber ihren Göttern, aber auch gegenüber jeglichen Lebewesen aus. Außerdem galten die wunderbaren Blüten seit jeher als Symbol für Frieden und eine positive Lebenseinstellung. Diese schöne Tradition blieb bis in die heutige Zeit erhalten und drückt sich in einem wunderbaren Wort aus: Aloha!

Der Brauch nahm seinen Anfang mit den ersten polynesischen Siedlern auf Hawaii. Sie flohen vermutlich wegen kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen 300 und 500 nach Christi aus ihrer über 4000 Kilometer entfernten Heimat über den Pazifik und landeten auf den hawaiischen Inseln. Und das in Doppelrumpf-Kanus mit Segeln aus Kokosgewebe, das muss man sich mal vorstellen.

Sie brachten in ihren Kanus Lebensmittel und alltägliche Gebrauchsgegenstände, aber auch prachtvolle Blumen mit, die sie zu Blumenketten – den Leis – knüpften und ihren Göttern als Dank für die erfolgreiche Reise opferten. Lange Zeit pflegten Sie ihre Kultur isoliert vom Rest der Welt.

Erst als im Jahr 1778 der berühmte britische Captain James Cook auf Hawaii, genauer gesagt auf Big Island, ankam, wurden er und seine Crew – obwohl sie völlig Fremde waren – von den polynesischen Ureinwohnern herzlich empfangen. Sie waren mit Blumenkränzen geschmückt, trugen Ketten aus Muscheln, Blättern und Nüssen und überreichten den Neuankömmlingen die Lei als Zeichen Ihrer Gastfreundschaft. 

Lei wurde durch den Tourismus weltbekannt

Auch nach der Entdeckung durch Thomas Cook blieb die polynesisch-hawaianische Tradition der Lei lange unbekannt für die Außenwelt. Erst durch den wachsenden Tourismus im 20. Jahrhundert, in erster Linie per Schiff, wurden die Leis weltweit zum Symbol für Hawaii.

Im Jahr 1927 steuerte das erste Luxuskreuzfahrtschiff die Route von Kalifornien nach Honolulu (Hauptstadt der hawaiischen Inseln, auf O’ahu) an. Viele andere folgten. Damit erhöhten sich auch die Verkaufszahlen der Lei und die Zahl der Anbieter stieg. Durch die Gründung der „Lei Sellers“ Vereinigung im Jahr 1933 wollte man Konkurrenzkampf unter den Verkäufern reglementieren.

Die ankommenden Touristen wurden am Hafen mit Blumenketten und -kränzen empfangen. Beim Ablegen der Schiffe warfen die Gäste die Blumenketten ins Meer, mit der Absicht, die Lei als „Dankeschön“ an die Inseln zurückzugeben. Später wurden auch die Touristen am Flughafen mit einer Lei begrüßt. Heutzutage werden, wenn überhaupt, nur noch Pauschaltouristen von den Reiseveranstaltern mit einer Lei empfangen.    

Vor dem Abflug von Mauii fand ich diese Lei auf der Flughafen-Toilette. Auch eine Art, die Blumenkette am Herkunftsort zurück zu lassen. Und der schöne Duft der Blüten erfüllte dazu auch noch seinen Zweck.

Herstellung der Blumenketten früher und heute

Ursprünglich fertigten die polynesischen Ureinwohner die Lei aus frisch gepflückten Blüten und Blättern, aber auch Früchten, Muscheln, Samen oder Nüssen. Auch bunte Federn oder sogar Knochen und Zähne von Tieren wurden kunstvoll aneinander gefädelt. Diese waren aber vorwiegend den Königen vorbehalten.

Traditionell wurden Leis in aufwendiger Handarbeit gefertigt. Je nach Modell konnte es mehrere Tage dauern, bis eine Blumenkette oder ein Kranz entsteht. Damals gab es noch keine kommerzielle Züchtung, die Blüten wurden im eigenen Garten oder in der Natur gesammelt.

Mit der kommerziellen Pflanzenzüchtung und modernen Herstellungsmethoden änderten sich der Aufwand und damit der Preis. Mittlerweile werden auch Blüten aus Thailand importiert oder sogar künstliche Blüten verwendet.  Wenn du aber einmal den Duft einer frischen, handgeknüpften Blumenkette auf Hawaii geschnuppert hast, wirst du nie mehr eine künstliche anrühren.

Handgeknüpfte Lei mit betörendem Duft an einem Stand bei meinem Besuch eineshawaianischen Kultur-Nachmittags in Lãhainᾱ auf Mauii.

Farben, Art und Anzahl der Blüten sind wichtig

Die typischen, farbintensiven und stark duftenden Lei-Blüten stammen vorwiegend von Blumen namens Plumeria und Tuberose. Sie werden heutzutage in hawaiianischen Blumen-Farmen gezüchtet. Davon gibt es leider nur noch ein paar Dutzend, denn Importe aus Thailand sind billiger.

Auf Hawaii durfte ich live zusehen, wie die Knüpferinnen und Knüpfer aus einer riesigen Auswahl an Blüten mit eingespielten Handgriffen die Blüten auffädelten. Traditionell wird die Rippe eines Kokosblattes als Nadel verwendet und die Fäden werden von einem Strauch entnommen. Eine wichtige Rolle, wie sie mir erklärten, spielen die Farben und die Anzahl der Blüten. Genauso wie die Art und Weise des Aufreihens.

  • Kui: So heißt der Vorgang des Aufreihens der Blüten.
  • Hili: Entsteht durch das Flechten der Blumen.
  • Wili: Entsteht durch das Winden der Blüten.
  • Humu-Humu oder Papa: Wenn die Blüten durch Nähen verbunden werden.
  • Haku: Die Lei wird auf einem Untergrund befestigt und als Kopfschmuck getragen.

Zusätzlich erfuhr ich, dass jede Hawaii-Insel eine eine typische Lei mit passender Farbe hat. Rot wird vor allem auf Big Island verwendet (vielleicht wegen der zahlreichen noch aktiven Vulkane?). Auf O’ahu sind es gelbe und Kaua’i bevorzugt violette Blüten. Molokai steht für grüne und Lanai für orange Blüten.

Meine allererste Lei mit frischen handgeknüpften Blüten zauberte mir ein glückliches Lächeln ins Gesicht. Und erst der Duft. Schade, dass es (noch) keinen Geruchs-Blog gibt.

Wissenswertes und Tipps zur Lei Blumenkette

  • Das hawaianische Wort “Lei” heißt übersetzt Schmuck.
  • Grundsätzlich kann jeder eine Lei tragen, zu jedem Anlass und egal ob auf dem Kopf oder über die Schultern.
  • Die geschlossene Lei symbolisiert innige Liebe und die Umarmung eines geliebten Wesens.
  • Wer eine offene Lei trägt, möchte noch etwas lernen. Es heißt, dass das Wissen so aus beiden Enden ungehindert fließen kann.
  • Wenn eine Frau eine Blüte im Haar über dem Ohr trägt, bedeutet das: über dem rechten Ohr, sie ist Single, über dem linken Ohr, sie ist in einer Beziehung.
  • Die Lei gilt als Zeichen der Liebe und Dankbarkeit und sollte weder abgelehnt noch zurückgegeben werden. Sie anzubehalten, gilt als Zeichen der Höflichkeit.
  • Lei-Blüten halten große Hitze aus.
  • In einer luftdicht verschlossenen Plastiktüte kann sie Leis längere Zeit aufbewahrt werden und behält ihren typischen Duft.
  • Auf keinen Fall sollte man eine Lei einfach in den Müll werfen, sondern an die Natur zurückgegeben werden, indem man sie zum Beispiel an einen Baum hängt  oder ins Meer wirft.
  • Jedes Jahr am 1. Mai wird auf Hawaii jährlich der „Lei Day“ gefeiert.

Wie findest du den Brauch der Lei Blumenkette? Kennst du ein ähnliches Symbol mit Blumen in anderen Ländern? Schreibe mir gerne einen Kommentar.

Folge mir auch auf Facebook und Instagram und Twitter!

Kultding des Monats #August 2020

Fotos © Simone Blaschke

Externe Quellennachweise im Web: pacific-travel-house.com/blog/2017/11/alles-ueber-den-hawaiianischen-lei, dailydose.de/story/lei/lei.htm, urlaubhawaii.net/kunst-und-kultur, traumhawaii.de/mythen-legende-plumeria